Der Osning-Verlag – Geschichtsrevisionismus aus Bielefeld

In der Culemannstraße 12, 33604 Bielefeld, sitzt seit 2006 der kleine „Osning-Verlag – Verlag für Politik und Zeitgeschichte“. Der Verlagsleiter Gerhard Hubatschek leitet den Verlag von Garmisch-Partenkirchen aus. Geschäftsführer ist der Bielefelder Anwalt Wolfgang Schlüter. Während Schlüter in den lokalen Medien immer wieder als „Initiator des Hermannslaufs“ und „Arminiusforscher“ gewürdigt wird, ist über seine Tätigkeit beim Osning-Verlag bisher öffentlich nichts bekannt. Das wollen wir heute ändern – denn der Osning-Verlag vertreibt neben lokalpatriotischer und germanophiler Arminius-Literatur ausschließlich militaristische, rechtspopulistische und geschichtsrevisionistische Bücher!

Die Betreiber

Wolfgang Schlüter, Geschäftsführer des Osning-Verlags

Geschäftsführer Wolfgang Schlüter, Jahrgang 1934, ist Rechtsanwalt und Notar a.D. mit eigener Kanzlei in der Detmolder Straße 43 (Bielefeld). Der frühere Fallschirmjäger und heute Offizier der Reserve Schlüter ist auch Präsident des Vereins Arminiusforschung e.V.. Stellvertretender Vorsitzender des Vereins ist der Lehrer Frank Böning aus Oerlinghausen. Böning nahm in der Vergangenheit an Treffen der neonazistisch-neuheidnischen Artgemeinschaft teil und verfügt über diverse Kontakte in die organisierte völkische Neonazi-Szene. Schlüter und Böning haben 2008, 2018 und 2020 gemeinsam Bücher zu dem in der rechtsnationalistischen Szene sehr beliebten Varus-Mythos herausgebracht, in welchen sie anhand archäologischer Funde Thesen zu der Verortung der Schlacht präsentieren. Dabei werden die archäologischen Befunde mit Versatzstücken völkischer und nationalistischer Ideologie angereichert. Im Klappentext des 2020 im Osning-Verlag erschienenen Buches „Und die Schlacht war doch im Teutoburger Wald“ heißt es bspw.: „Es ist nicht leicht in heutiger Zeit wissenschaftlich zu suchen und zu forschen: der Mainstream der political correctness straft jeden mit Schweigen, der sagt, was nicht passt, mehr noch: der Mutige wird beargwöhnt“. 2003 und 2006 tritt Schlüter als Redner bei der rechtsnationalistischen Burschenschaft Normannia Nibelungen in Bielefeld auf, Titel der Veranstaltung 2006 „Die Sudetenfrage“. Die Burschenschaft ist schon lange regional (und darüber hinaus) für ihre neonazistischen und profaschistischen Umtriebe bekannt – für Schlüter kein Hindernis! In der Normannia Nibelungen sind Neonazis und Faschisten organisiert, führende Köpfe von Hammerskin-Netzwerk und Identitärer Bewegung. So ist mit Hendrik Stiewe einer der führenden Köpfe des Hammerskin-Netzwerkes Alter Herr der Normannia. Nils Hartwig, Mitbegründer der Identitären Bewegung in NRW und heute AfD-Funktionär, ist ebenso Teil der Normannia.

Arnold Riedenklau jr., Kanzlei-Partner von Schlüter und Pandemie-Leugner

2008 gibt Schlüter gemeinsam mit dem ehemaligen Realschullehrer Wolfgang Lippek das Buch „Die Schlacht – Varuskatastrophe – Plausible Gründe“ im Osning-Verlag heraus. Lippek referiert am 17.01.2009 bei der Normannia Nibelungen zu dem Buch.

 

Seine Kanzlei teilt Schlüter unter anderem mit dem Anwalt Arnold Riedenklau junior. Riedenklau jr. betreibt seit 2020 einen eigenen coronaleugnerischen Telegram-Kanal und vertritt verschiedene Personen aus dem lokalen Querdenken-Spektrum vor Gericht. Auf seinem Telegram-Kanal „Riedenklau Rechtsanwalt“ teilt der Anwalt und Notar beständig pandemieleugnerische und verschwörungsmythologische Quellen wie den Corona-Ausschuss, Dave Brych oder Boris Reitschuster.

Header der am 13.09.2021 offline genommenen Website des Osning-Verlages

Verlagsleiter Gerhard Hubatschek lebt in Garmisch Partenkirchen und leitet von dort die Osning-Verlagsgeschäfte. Hubatschek blickt ebenfalls auf eine steile Bundeswehrkarriere zurück. Unter dem damaligen Verteidigungsminister Manfred Wörner setzte sich Oberst Hubatschek 1983 im Planungsstab des Verteidigungsministeriums für die Rehabilitierung des Wehrmachtsansehens innerhalb der Bundeswehr ein und sprach in diesem Kontext von dem „gültigen Erbe“ der Vergangenheiti. Er wollte die „spezifischen soldatischen Normen“ in der Bundeswehr wiederbelebenii. Der damalige Reformkurs, an dem Hubatschek maßgeblich mitarbeitete, wurde Spiegel-Recherchen zufolge durch den von Wehrmachts- und Waffen-SS-Generälen gegründeten Verbandes deutscher Soldaten (VdS) angestoßen, die in dem 1980er Jahren zunehmend an Einfluss gewannen. 2004 untersagte die Bundeswehr jede Zusammenarbeit mit dem revanchistischen VdS. Bezüglich seines pro nationalistisch und chauvinistisch politischem Kurs hat sich bei Hubatschek nichts geändert. In den 1990er Jahren war Hubatschek Chefredakteur der „Soldat und Technik“. In der damals unter Soldaten unentgeltlich verteilten Zeitschrift lies Hubatschek keinen Zweifel an seiner Ablehnung gegenüber demokratischen und progressiven Einflüssen in der Bundeswehriii. Nebenbei stellte er Beiträge für die Braunzonen-Zeitschriften Criticon und Ostpreußenblatt (heute Preußische Allgemeine Zeitung). Das Magazin Criticon war bis in die frühen 2000er eine der wichtigsten Medien der Neuen Rechten. Auch als Redner bei rechtsnationalistischen Burschenschaften trat Hubatschek auf. Dem Fachjournalisten Anton Maegerle zufolge veröffentlichte Hubatschek ebenfalls in der nationalistischen „Zuerst!“, welche seit 2009 von dem neonazistischen Verleger Dietmar Munier herausgegeben wird.

2019 bezieht Hubatschek in einen Leserbrief an die rechtskonservative Junge Freiheit Stellung im Streit zwischen Dieter Stein und Götz Kubitschek um Björn Höckes Buch „Nie zweimal in denselben Fluß“iv. Er mahnt die AfD zu propagandistischen Mäßigung, um sich die Koalitionschancen nicht zu vermiesen. „Es gibt nur einen Weg: Das ist der überlegener Kompetenz und des Gewinnens von Terrain in der bürgerlichen Gesellschaft. Das Feld, betont nationale Positionen zu vertreten, ist im Gesamtprogramm der AfD groß genug und auch gut verankert“.

Vertrieb

Harald Thomas, Inhaber Book-today

Der Vertrieb der Bücher aus dem Osning-Verlag wird von der Firma Book-today übernommen. Inhaber der Firma ist Harald Thomas. Oberstleutnant a.D. Thomas ist heute Mitglied und Chronist der Kameradschaft ehemalige Soldaten, Reservisten und Hinterbliebene Bonn (KERH Bonn). 2018 wurde Thomas von dem deutschen Bundeswehrverband (DBwV) mit der silbernen Verdienstnadel ausgezeichnet. 1995 gründete Harald Thomas die rechtsnationalistische und geschichtsrevisionistische Deutsche Militärzeitschrift (DMZ). Seit 2003 gehört die DMZ defacto zu dem neonazistischen Verlagsimperium von Dietmar Munier. Die DMZ setzt sich zum Ziel, junge Bundeswehrangehörige und Reservisten sowie Militär-Interessierte mit der nationalsozialistischen Erlebnisgeneration in Kontakt bringen. Entsprechend finden sich in der DMZ neben geschichtsrevisionistischen Texten auch Heldenverehrungs-Texte zu Mitgliedern der Wehrmacht und Waffen-SS. Das Ziel ist die Vermittlung einer völkisch-nationalistischen Geschichtspolitik. Zuvor war Thomas Geschäftsführer des rechtsnationalistischen Schulungszentrums Nationaleuropäisches Jugendwerk e.V. (NEJ), das 1973 von einem NPD-Mitglied gegründet wurde und als Vernetzungsort vom intellektuellen Neonazismus und Neuer Rechter gewertet werden mussv.

Die Autoren

Rainer Thesen

Rainer Thesen, Jahrgang 1946, ist Oberst der Reserve, Anwalt und glühender Apologet von NS-Kriegsverbrechen. So hielt er im Jahr 2006 bei der Gesellschaft für Wehr- und Sicherheitspolitik, Sektion Nürnberg, einen Vortrag zu dem Thema: »Erschießungen von Geiseln, Sühnegefangenen und sonstigen Zivilpersonen im II. Weltkrieg«. 2008 war er neben einschlägig bekannten rechten Szeneanwälten wie Klaus Goebel und Christian Stünkel an der Verteidigung des Kriegsverbrechers und NS-Gebirgsjägers Josef Scheungraber beteiligt. Als Scheungraber wegen des von ihm befehligten Massakers in Falzano di Cortona des 10-fachen Mordes für schuldig befunden wurde, erlitt Thesen einen Schwächeanfall. Ebenfalls 2008 vertrat Thesen den Kameradenkreis Gebirgstruppe e.V. gegen den damaligen Bundessprecher der VVN-BdA, nachdem die VVN-BdA den Kameradenkreis Gebirgstruppe als Organisation mit NS-Tradition bezeichnet und die Mitgliedschaft von NS-Kriegsverbrechern in dem Kameradenkreis kritisiert hattevi.

Auf der Seite des Osning-Verlags führt Thesen die Verteidigung Scheungrabers als klar als Beleg seiner thematischen Expertise an. Er publiziert im Osning-Verlag geschichtsrevisionistische Bücher mit Verlagsleiter Gerhard Hubatschek und dem bekannten Wehrmachts-Fan Klaus Hammel, in denen historisch nicht haltbare Ansichten zu der Entlastung der deutschen Kriegsschuld im Fokus stehen. Als Einzelautor veröffentlicht Thesen rechtspopulistische Bücher mit Titeln wie „Deutschland stürzt ab – die Selbstaufgabe der Deutschen“ (2018) und „Einspruch – Gegen Politikversagen und Meinungsdiktatur“ (2018), in denen er gegen den Islam, Gendermainstreaming und Antifaschismus hetzt. 2017 referierte Thesen bei der Herbsttagung des vom Verfassungsschutz beobachteten geschichtsrevisionistischen Verein Zeitgeschichtliche Forschungsstelle Ingolstadt e.V. (ZfI)vii.

Alexander Dugin und Dieter Farwick (rechts) bei der Normannia Nibelungen (Foto v. Keinealternative.blogsport.de)

Dieter Farwick, Jahrgang 1940, ist Brigardegeneral a.D. und arbeitete mit Gerhard Hubatschek schon 1983 in dem genannten militärischen Planungsstab an der Rehabilitation des Wehrmachtsansehens. Farwick meldet sich regelmäßig zu sicherheitspolitischen Themen zu Wort, z.B. in der rechtskonservativen Jungen Freiheit oder der Preußischen Allgemeinen Zeitung. Vor Berührung mit Personen aus dem organisierten nationalistischen Spektrum schreckt er in keiner Form zurück. So trat er 2012 bei der radikal-völkischen und vom Verfassungsschutz beobachteten Burschenschaft Danubia in München auf. 2013 referierte Farwick bei der 9. Ideenwerkstatt der rechtsnationalistischen Burschenschaft Normannia Nibelungen. Ab 2013 engagierte sich Farwick für die AfD. Er trat als Redner auf und positionierte sich auch in den Folgejahren zu innerparteilichen Konflikten. 2015 frohlockte er: „Wegen des Versagens der Altparteien in nahezu allen Politikfeldern hat eine starke AfD die – vermutlich letzte – historische Chance, die Altparteien zu einem fundamentalen Kurswechsel zu zwingen“viii. 2017 trat er bei der Straßburger Burschenschaft Germania aufix. In den letzten Jahren publiziert Farwick bei dem nationalkonservativ-neurechten Blog Conservo, seit 2021 verstärkt zu Themen der pandemieleugnerischen Bewegung. Farwick ist Beisitzer in dem neurechts-konservativen Thintank Studienzentrum Weikersheim.

HeinzMagenheimer

Heinz Magenheimer, Jahrgang 1943, ist ein österreichischer Militärhistoriker und bekannter Geschichtsrevisionist. Er ist der prominentesten Vertreter der wissenschaftlich eindeutig widerlegten Präventivschlagsthese. Magenheimer behauptet seit nunmehr 30 Jahren, der von NS-Deutschland verübte Überfall auf die Sowjetunion sei lediglich ein unabwendbarer Abwehrschachzug gewesen. Magenheimer bemüht sich damit eine Rechtfertigung des deutschen Vernichtungskrieges in Ost-Europa zu liefern. 1998 verfasste er gemeinsam mit Heinz Schön die Festschrift „Wagnis Wahrheit“ (Kiel, 1998) für den Holocaustleugner David Irving. Er setzte sich öffentlich gegen die Wehrmachtsausstellung ein, veröffentlichte vielfach in der DMZ und hielt Vorträge bei explizit neonazistisch-geschichtsrevisionistischen Zusammenkünftenx und rechtsnationalistischen Burschenschaftenxi. 2012 gab er der Zuerst! ein Interview und lobte die Stärke und den Heldenmut der Wehrmacht. Durch seine Lehr- und Publikationstätigkeit trägt er eine Mitverantwortung für die lange ausbleibende militärhistorische Auseinandersetzung mit der Wehrmacht und ihrer Beteiligung an der Shoa in Österreich. Magenheimer veröffentlichte 2000 und 2006 geschichtsrevisionistische Bücher beim Osning-Verlag. Der Holocaust-Leugner Germar Rudolf zitiert einen Text Magenheimers aus der Jungen Freiheit: „In diesem Sinne ist ‘Revisionismus’ das Salz in der Wahrheitsfindung“xii.

Klaus Hammel bei einem Vortrag bei der nazistischen GfP

Klaus Hammel, Jahrgang 1939, Oberst a.D. war 37 Jahre hochrangiges Mitglied der Bundeswehr und zuletzt Stabschef der Gebirgsdivision. Seit der Pensionierung 1997 publizierte er in der militaristischen Gebirgstruppe, in der neurechten Jungen Freiheit und der profaschistischen Sezessionxiii. Zwischen 2003 und 2008 war Hammel Leiter der sogenannten „militärhistorischen Geländebesprechungen“ in den Dolomiten, wo er aktive Berufs- und Zeitsoldaten militärhistorisch ausbildete. 2004 verfasste Hammel gemeinsam mit 3 weiteren Obersten a.D. ein Verteidigungsschreiben für den bekannten Geschichtsrevisionisten und Ex-General Gerd Schultze-Ronhof. In dem Schreiben lobte er Schultze-Ronhof als „von allen fachlich wie menschlich hochgeschätzter ehemaliger Truppenführer unserer Armee“ und bescheinigte ihm „sorgfältiges Analysieren und tiefergehendes Nachdenken“xiv. 2008 wurde Hammel von Verteidiger Rainer Thesen im Scheungraber-Prozess (siehe Abschnitt Rainer Thesen) als militärischer Sachverständiger bestellt. 2011 nahmen Hammel und Thesen an einer Diskussionsrunde des Vereins „Freunde des bayrischen Armee-Museumsin Ingoldstadt teil, in der sie eine Wehrmachts-kritische Austellung als „manipulierend“ und „unwissenschaftlich“ angriffen und geschichtsrevisionistische Positionen vertratenxv. Hammel ist 2. Vorsitzender des pro militaristischen Vereins. 2017 geriet der Verein regional in die Presse, da auf der Internetseite explizite geschichtsrevisionistische und neonazistischen Inhalte verbreitet wurdenxvi.

2012 veröffentlicht Hammel das Buch „Der Krieg in Italien 1943-45“ im Osning-Verlag.

2014 tritt Hammel bei der rechtsnationalistischen und vom Verfassungsschutz beobachteten Burschenschaft Danubia in nchen auf. 2015 war Hammel Redner bei der Winterakademie des von Götz Kubitschek betriebenen Instituts für Staatspolitik in Schnellrodaxvii. 2016 veröffentlichen Hammel und Thesen gemeinsam das Buch „Die ungleiche Ahndung von Kriegsverbrechen: Zweierlei Recht – zweierlei Urteil“ im Osning-Verlag. Darin beklagen Hammel und Thesen ausgiebig die juristische (über Jahrzehnte verschleppte) Ahndung von NS-Kriegsverbrechen und KZ-Aufsehern und stellen dem plump andere Kriegshandlungen der alliierten Streitkräfte gegenüber. Die beiden Autoren relativieren so die Schuld deutscher NS-Kriegsverbrecher. Thesen widmet sich im Besonderen der geschichtsrevisionistischen Dekonstruktion des Ansehens der italienischen Resistenza. Hammel resümiert seinen Buchbeitrag: „Die Soldaten der siegreichen Armeen haben ‚normale Kriegsverbrechen‘ im gleichen Umfange begangen wie die besiegten Deutschen“. Das Buch wird auch durch Kubitscheks Antaios-Verlag vertrieben.

2017 trat Hammel bei der nazistischen Gesellschaft für freie Publizistik (GfP) als Redner auf. Die GfP gilt als größte nazistische Kulturvereinigung Deutschlands, ihr besonderer Schwerpunkt ist die Verbreitung geschichtsrevisionistischer Inhalte sowie die Vernetzung intellektueller Kräfte in der nazistischen und nationalistischen Szenexviii.

Hammel nahm wiederholt an Veranstaltungen des geschichtsrevisionistischen ZfI teil und trat dort 2016 als Referent auf. Sein geplanter Auftritt 2019 musste ausfallen, da die Stadt Ingolstadt dem ZfI die Nutzung der geplanten Räumlichkeiten verweigertexix.

Jürgen Reichardt trägt sich ins Goldene Buch der Gemeinde Windischenleibach ein

Jürgen Reichardt, Jahrgang 1938, ist Generalmajor a.D. und blickt auf 38 Jahre Bundeswehrkarriere zurück. Er war 1982 Sprecher des Bundesverteidigungsministers Manfred Wörner – zur selben Zeit, in der Hubatschek und Farwick in besagtem Planungsstab unter Wörner aktiv waren. Von 2000 bis 2014 war Reichardt Präsident des Bayrischen Soldatenbundes 1874 e.V. (BSB), einem der größten Zusammenschlüsse ehemaliger Soldaten bundesweit. In der sechsmal jährlich herausgegebenen Zeitschrift Treue Kameraden wurden unter Reichardts Präsidentschaft Publikationen aus dem neonazistischen Spektrum positiv und zustimmend besprochen, bspw. 2005 das Buch „Freispruch für die Deutsche Wehrmacht“. Die lobhudelnde Rezension wurde von dem Geschichtsrevisionisten Gerd Schultze-Ronhof verfasstxx. Reichardt selbst offenbarte in der Zeitschrift seine ungezügelte Begeisterung für Wehrmacht und SS. 2008 empörte sich Reichardt in der Treue Kameraden über den Scheungraber-Prozess und rechtfertigte das Massaker von Falzano di Cortona: „Auch unsere Soldaten können heute noch in Situationen geraten, in denen sie aus Angst, Kurzschluss oder Wut, etwa über eine grausame Behandlung gefangener Kameraden, überreagieren“xxi. Der Text wurde auch in der Zeitschrift des Kameradenkreis der Gebirgstruppe von Wehrmacht und Bundeswehr veröffentlichtxxii.

In seinen Leitartikeln rechtfertigte Reichardt immer wieder die Ermordung von Zivilist*innen durch die Wehrmacht als legitime Kriegshandlung. Hinter neueren progressiven politischen Ereignissen wie bspw. Atomprotesten wittert Reichardt beständig kommunistische Verschwörungenxxiii. Unter Reichardts Führung wurde in die Zielformulierung des BSB die Formulierung aufgenommen, die BSB sei eine „Heimat“ für jeden, „der die Verdienste und Opfer der Wehrmacht nicht leugnexxiv. 2012 distanzierte sich der bayrische Bundeswehrverband explizit von Reichardts Postionen zur Wehrmacht. In der Treue Kameraden Mai/Juni 2021 kommentiert Reichardt die „Wir gegen Extremismus“-Kampagne des Reservistenverbandes. Zu seinem Unmut geht es in der Kampagne nicht gegen bspw. „Kommunismus, Gendersprache […] Unkameradschaftlichkeit“ (S. 54), sondern für eine demokratische und zumindest nicht faschistische Kultur innerhalb der Reserve. „Sie [die Kampagne] ist in höchstem Maße unsoldatisch“ (S. 55). Bis heute ist Reichardt Ehrenpräsident des BSB. Er ist überdies Präsident der Arbeitsgemeinschaft Reservisten-, Soldaten und Traditionsverbände in Bayern (ARST).

Kontakt in die organisierte nazistische Szene scheut Reichardt nicht. Als aktiver Soldat schrieb er 1997 in der Verbandszeitschrift der Ordensgemeinschaft der Ritterkreuzträger (OdR): „Wer – in welcher Situation auch immer – anständig zu bleiben wusste, Treue zeigte, wo ein anderes Verhalten auch nicht zum Schaden gereicht hätte, und Tapferkeit, wo Feigheit vielleicht sicherer gewesen wäre, der dient uns auch heute noch als Vorbild und genießt unseren Respekt“. Die OdR ist ein Zusammenschluss deutscher Elite-Soldaten aus Wehrmacht und Waffen-SS. 2010 gab Reichardt der DMZ ein Interview. Reichardt ist zudem Beisitzer im Verein „Freunde des bayrischen Armee-Museums, in dem Klaus Hammel 2. Vorsitzender ist (siehe Abschnitt Klaus Hammel).

2008 veröffentlicht Reichardt das Buch „Hardthöhe Bonn. Im Strudel einer Affäre“ im Osning-Verlag.

Dirk W. Oetting, Jahrgang 1938 (verstorben März 2020), war Brigadegeneral a.D. und Jurist. 2009 brachte Oetting das revisionistische Buch „Kein Krieg wie im Westen: Wehrmacht und Sowjetarmee im Russlandkrieg 1941-1945“ im Osning-Verlag heraus. Das Buch verharmlost und relativiert gezielt die Verbrechen der Wehrmacht bei den Feldzügen gegen die Sowjetunion und kriminalisiert die russische Zivilbevölkerung sowie russische Partisan*innen als brutal und terroristisch. Neben dem Osning-Verlag publizierte Oetting das Buch 2011 auch in dem rechtsnationalistischen Ares-Verlag aus Österreich. Das Buch wird auch im Nordland-Verlag und WB-Versand vertrieben, welche beide von Neonazi-Kader Thorsten Heise betrieben werden.

Dieter E. Kilian

Dieter E. Kilian, Jahrgang 1941, ist ein ehemaliger Oberst i.G. und hat zwei Bücher im Osning-Verlag veröffentlicht. 2005 erschien das Buch „Elite im Halbschatten: Generale und Admirale der Bundeswehr“. 2015 folgte dann die überarbeitete und aktualisierte VersionFührungseliten – Generale und Admirale der Bundeswehr 1955 – 2015“ im Osning-Verlag. In dem Buch liefert Kilian zum 60-jährigen Bestehen der Bundeswehr eine Art Generalabrechnung mit führenden Militärs, Verteidigungsministern und Politiker*innen, gespickt mit persönlichen Anekdoten. Er unterstellt der Bundeswehr ein mangelndes Traditionsbewusstsein, welches er dem „Haufen zumeist ungedienter, links bis extrem links orientierter und bisweilen sogar auf der Lohnliste der Bundeswehr stehender Wissenschaftler und Journalisten“ zuschreibt, „der die Wehrmacht zum Inbegriff des Bösen stigmatisierte“xxv. Als Begründung führt er unter anderem die Entlassung zweier Generäle im Jahr 1976 an, nachdem diese den Nazi und Wehrmachtsoffizier Hans-Ulrich Rudel zu einem Traditionstreffen des Aufklärungsgeschwaders 51 eingeladen und seine Teilnahme im Anschluss vehement verteidigt hatten. Rudel war der höchstdekorierte Soldat der Wehrmacht, 1948 gründete er das nationalsozialistische Kameradenwerk, das NS-Tätern bei der Flucht über die sogenannten Rattenlinien aus Deutschland half. Rudel war u.a. an dem Schutz der Identität des KZ-Arztes Josef Mengele beteiligt.

Steinmetz Buch wird auch in der Zuerst! und der Aula gelobt

Michael C. Steinmetz veröffentlicht 2016 das Buch „Wege in den 2. Weltkrieg“ im Osning-Verlag. In dem Buch stellt Steinmetz die Behauptung auf, der II. Weltkrieg sei vor allem auf amerikanische und britische Kriegstreiberei zurück zu führen und NS-Deutschland trage keine Hauptverantwortung am Ausbruch des II. Weltkriegs. Auf der Internetseite des Osning-Verlags werden zur Bewerbung von Steinmetz‘ Buch Rezensionen aus der neonazistischen Zuerst! und der antisemitischen und rassistischen Zeitschrift Die Aula zum download angeboten.

Screenshot von der Internetseite des Osning-Verlages. Hier wird direkt zu den Rezensionen in der Preußischen Allgemeinen Zeitung, im Hardthöhen Kurier, in der Aula und in der Zuerst! sowie zum Interview in der Aula verlinkt

Hier wird also nicht einmal der Versuch unternommen, sich von der neonazistischen Szene abzugrenzen, im Gegenteil! Auch ein Interview mit Steinmetz in der Aula (November 2017) wird beim Osning-Verlag zum download angeboten. Darin behauptet Steinmetz, die USA wolle in Europa „Nationen, Kulturen und Rassen“ auflösen, um Europa so besser regieren zu können. Der NS-Staat bezeichnet Steinmetz als eine überlegene Nation mit „ungeheurer Macht“. „Das Solidaritätsgefühl in einem Staat mit gleicher Sprache, Kultur und Herkunft ist dem Konglomerat einer multikulturellen Mischgesellschaft mit den entsprechenden inneren Dauerkonflikten eindeutig überlegen“. In dem Interview offenbart Steinmetz neben seiner NS-Verehrung auch seinen biologistischen Rassismus.

Das Buch wird (neben dem Osning-Verlag und daran angegliedert Book-today) durch verschiedene explizit neonazistische Versände vertrieben. Da wäre der Deutsche Buchdienst von dem völkischen Neonazi und HDJ-Funktionär Dankwart Strauch zu nennen, der Nation & Wissen Versand von NPD-Kommunalpolitiker Marko Beutler und der Zeitreisen-Verlag von Marc Meier zu Hartum (Führer der Anti-Antifa-Gruppe Volkswille, die in den 1990er Jahren Mordanschläge auf Linke vorbereitete). Oder auch der Kopp-Verlag von Jochen Kopp, bei dem rechtsesoterische, nationalistische und verschwörungsmythologische Literatur sowie Prepper-Bedarf vertrieben wird.

Robert Winter veröffentlicht zwei Bücher im Osning-Verlag. 2017 wird das revisionistische Buch „Massenmord unter dem Sowjetstern 1917–1953. Tatorte. Tatgeschehen“ herausgebracht. Winter reiht sich mit dem Buch in den Kreis selbst-referenzieller Geschichtsrevisonist*innen ein, die vermeintlich historische Beweisführung unter dem Rückverweis auf andere Autor*innen dieser Szene betreiben. Ziel ist bei Winter, durch die Betonung sowjetischer Kriegsführung und Exekutionen das historische Ausmaß der Shoa zu schmälern.

2018 erscheint der Titel „Das Fremde im Land“ im Osning-Verlag. Das Buch wird in einer Rezension des Osning-Autors Dieter Farwick in die politische Tradition Thilo Sarazzins gestellt und damit ist auch schon eine Menge zum Inhalt gesagt. Wie viele Bücher aus dem Osning-Verlag ist der Titel in der kritischen Öffentlichkeit bisher kaum bekannt – wie Farwick frohlockt, laufen die Publikationen des Osning-Verlags „offenbar unter dem Radarschirm der ‚Tugendwächter‘“xxvi. Winter hetzt auf 136 gegen Geflüchtete, den Islam und die Medien. Vertrieben wird Winters Buch „Das Fremde im Land“ durch die neonazistischen Versande Deutscher Buchdienst und Klosterhaus-Versand, der von der neonazistischen Aktivistin Holle Grimm gegründet wurde und nun durch ihre ehemalige Sekretärin Magret Nickel fortgeführt wird.

Fazit: Der Fisch stinkt vom Kopf

Der Osning-Verlag bietet einem Freundeskreis einflussreicher ehemaliger Militärs mit geschichtsrevisionistischen Überzeugungen eine publizistische Heimat. Von der Öffentlichkeit unbeachtet konnten hier über Jahre hinweg rechtspopulistische und geschichtsrevisionistische Bücher veröffentlicht werden. Der Geschäftsführer Wolfgang Schlüter wird in den lokalen Medien als Initiator des Hermannslaufs und Historiker gewürdigt, kein Wort findet sich zu seiner publizistischen Tätigkeit oder seinen Auftritten bei rechtsnationalistischen Burschenschaften. So wurde dem Osning-Verlag über Jahre in Bielefeld und Garmisch-Partenkirchen eine Rückzugsfläche geboten – damit ist nun Schluss! Diverse Autoren des Osning-Verlags blicken auf über 30-jährige Bundeswehrkarrieren zurück. Sie hatten Posten inne, welche einen entscheidenden Einfluss auf die Akzeptanz (bis hin zur Verehrung) der Wehrmacht und SS und nationalistischer bis hin zu nationalsozialistischer Ideologie in der Truppe hatten. Sie setzten sich gegen progressive und demokratische Bildung in der Bundeswehr ein und treten noch heute als Apologeten der Wehrmacht auf! Sie stehen symptomatisch für das rechtsnationalistische Strukturproblem in der deutschen Bundeswehr! Jürgen Reichardt, einer der Osning-Autoren und damals Chef des Heeresamtes, wies 1998 in einem Interview mit dem Ärzteblatt jedes Problem mit rassistischer und neonazistischer Ideologie in der Bundeswehr zurück. „Ich muß wiederholen, daß die politische Grundeinstellung der Wehrpflichtigen und Soldaten in Ordnung ist und gar nicht verändert zu werden braucht“xxvii. Die immer neuen Enthüllungen rechter Netzwerke und rechtsterroristischer Verdächtiger aus den Reihen der Bundeswehr sind ein bitterer Beleg der von Reichardt, Hubatschek und Farwick jahrzehntelang forcierten rechten Corps-Haltung. Auch nach ihrer Pensionierung publizieren sie in militärischen, von der Bundeswehr mitfinanzierten Zeitschriften, die z.T. unentgeltlich unter Soldat*innen verteilt werden und haben so weiterhin ideologischen Einfluss auf aktive Soldat*innen. Über Reservisten-Verbände vernetzen sie sich bis heute auch mit Politiker*innen und militärischen Funktionär*innen.

Diverse Autoren des Osning-Verlags treten bei rechtsnationalistischen Burschenschaften bis hin zu neonazistischen Vereinigungen wie der GfP auf. Sie sind Teil eines selbst-referenziellen Netzwerks deutschsprachiger geschichtsrevisionistischer Autoren, die NS-Verbrechen systematisch verharmlosen und das Andenken der Wehrmacht hochhalten. Ergänzt werden ihre Bücher durch germanophile und völkisch beeinflusste Ansichten zur Varus-Schlacht sowie rechtspopulistische Streitschriften zur aktuellen Politik. Als Reaktion auf unsere Recherche zu dem Osning-Autoren Frank Böning hat der Osning-Verlag seine Internetseite am 13.09.2021 aus dem Netz genommen. Dieser Schachzug macht deutlich, wie wenig Wolfgang Schlüter und dem Osning-Verlag an kritischer medialer Aufmerksamkeit gelegen ist. Der Osning-Verlag ist lange genug unter dem Radarschirm geflogen – er muss als das benannt werden, was er ist: militaristisch – geschichtsrevisionistisch und rechtspopulistisch – und absolut abschaffenswert!

 

 

 

 

 

PDF zum Download

 

 

 

ihttps://www.spiegel.de/politik/zurueck-zur-legende-vom-besonderen-sterben-a-707727ab-0002-0001-0000-000014022820

iihttps://www.wissenschaft-und-frieden.de/seite.php?dossierID=023

iiihttps://nrw-archiv.vvn-bda.de/bilder/Militarismus.pdf

ivhttps://www.jf-archiv.de/archiv19/201912031572.htm

vhttps://www.apabiz.de/archiv/material/Profile/NEJ.htm

vihttps://nrw-archiv.vvn-bda.de/bilder/Dokumentation_Kameradenkreis_Gebirgstruppe.pdf

viihttps://www.zfi-ingolstadt.de/downloads/zfi-heft-4.pdf

viiihttp://keinealternative.blogsport.de/2015/06/13/farwick-versus-petry/

ixhttps://tuebingenrechtsaussen.wordpress.com/2017/06/02/ex-brigadegeneral-referierte-bei-burschenschaft-germania-strassburg/

xhttps://www.doew.at/erkennen/rechtsextremismus/neues-von-ganz-rechts/archiv/oktober-2006/magenheimer-bei-deutschen-rechtsextremisten

xihttp://danubia.de/referentenliste/

xiiGermar Rudolf (2005). Kardinalfragen an Deutschlands Politier. S. 97.

xiiihttp://www.ag-friedensforschung.de/themen/Bundeswehr/tradition4.html

xivhttps://dserver.bundestag.de/btd/16/113/1611383.pdf

xvhttps://www.donaukurier.de/lokales/ingolstadt/Ingolstadt-wochennl402011;art599,2485262

xvihttps://www.sueddeutsche.de/bayern/ingolstadt-unterstuetzer-des-armeemuseums-verbreiten-rechtsradikale-thesen-1.3705573

xvii https://staatspolitik.de/chronik-2015/

xviii http://www.gfp-netz.de/Kongresse/Kongress_2017/body_kongress_2017.html

xixhttps://www.zfi-ingolstadt.de/referenten/index.php

xxhttps://dserver.bundestag.de/btd/16/012/1601282.pdf

xxihttps://www.regensburg-digital.de/in-treue-fest-zur-wehrmacht/12092012/

xxii https://www.friedenskooperative.de/friedensforum/artikel/die-bundeswehr-am-rechten-rand

xxiii Ebd.

xxiv https://www.regensburg-digital.de/wehrmacht-bundeswehrverband-stellt-verhaltnis-zu-soldatenbund-klar/13092012/

xxv https://www.faz.net/aktuell/politik/politische-buecher/militaerische-fuehrung-unterst-sprach-zum-oberst-13712142.html

xxvi https://99thesen.com/2018/11/29/wann-gehoert-deutschland-dem-islam/#more-8397

xxvii https://www.aerzteblatt.de/archiv/9285/Bundeswehr-Natuerlich-gibt-es-Themen-die-man-scheut